Club 57074
- Distrikt 1920
- Charter-Nr
Gründungsdatum: 29.01.2002
Charterdatum: 01.04.2002
Gründungsbeauftragter: Walter Reischl RC Salzburg-Nord
Rotary Club Golling-Tennengau
20 Jahre "Service above self - Selbstloses Dienen"
Im Dezember des Jahres 2000 war die Idee dreier Gollinger zur Gründung eines Serviceclubs so weit gediehen, dass bereits im Jahr darauf die ersten Schritte zur Verwirklichung derselben gesetzt wurden. In der Frage, um welchen Club es sich hierbei handeln sollte, richtete Klaus Moldan - einer der drei Initiatoren - den Fokus auf Rotary. Ein wichtiges Kriterium für die Wahl von Rotary war unter anderem, wie Gründungspräsident Hermann Döllerer zu berichten weiß, die Organisation des Clublebens in wöchentlichen Meetings. In der Tat treffen sich Rotarierinnen und Rotarier einmal wöchentlich, um ihre rotarische Freundschaft zu pflegen und ihre gemeinnützige Arbeit zu koordinieren. Und so wurde also mit Walter Reischl, vom Rotary Club Salzburg Nord, ein erfahrener Rotarier als Gründungsbeauftragter zur Seite gestellt, um den Aufbau dieses neuen Rotary Clubs zu begleiten. Eingeführt in die rotarischen Gepflogenheiten, hielten am 5. Juni 2001 vierzehn angehende Rotarier ihr erstes inoffizielles Meeting im noch heute bestehenden Clublokal in Döllerers Wirtshaus ab. Mit der Gründungsversammlung am 29. Jänner 2002 und der Charterfeier am 1. April 2002 war der Rotary Club Golling-Tennengau, mit nunmehr 20 Freunden, in die große, 1905 von Paul Harris gegründete rotarische Familie, mit heute weltweit mehr als 35.000 Clubs in 215 Ländern mit 1,2 Millionen Mitgliedern, aufgenommen. Sie alle haben sich dem Dienst am Mitmenschen verschrieben, pflegen die Freundschaft und versuchen ihre hohen moralischen Grundsätze tagtäglich im beruflichen und privaten Leben umzusetzen.
Der Rotary Club Golling-Tennengau zählt heute 39 Mitglieder, deren Arbeit zu einem großen Teil in stark regional ausgerichtete Projekte fließt und vor allem der Förderung des gesellschaftlichen Wohlergehens wie der Erhaltung wichtiger Kulturgüter dient.
Gemäß unserem Motto "Service above self - selbstloses Dienen" haben die Gollinger Rotarier in den vergangenen 20 Jahren - von 2002 bis 2022 - fast € 500.000,-- für ihre regionalen und internationalen Projekte aufgewendet. Allein rd. € 119.000,-- wurden als Soforthilfe für die Hochwassergeschädigten in den Gemeinden Golling und Kuchl im Jahre 2002 mobilisiert. Im Mittelpunkt ihrer Unterstützung standen die Altenheime in Golling, Kuchl und Abtenau, die Förderung der Jugend (San Helios, Gewaltprävention, Integrative Feriencamps, "Kinderseelenhilfe", "Move and Sound", "KIBE", Feuerwehrjugend), die Erhaltung regionaler Kulturgüter (Kirchenrenovierung Golling, Vigaun, Maria Dürrnberg, Heimatmuseen in Golling und Kuchl, Hiasenbauernmühle), "Bauern helfen Bauern" (Tennengauer Kuh, 2 Häuser, Schneepflug für Bosnien), das Mobilitätsreiten für spastisch Gelähmte und die Reittherapie für verhaltensauffällige Kinder, der internationale Jugendaustausch, die Lebenshilfe Abtenau (Werkstätteneinrichtung, Musikinstrumente für Therapie, Behindertentransportfahrzeug, Freizeitbetreuung, Almausflüge), internationale Projekte (Ambulanzauto für Ärzte für die Dritte Welt, Hebammenausrüstung in Somalia, Betreuung von Tschernobyl-Kindern, Schulprojekt Burkina Faso, "ZUKI" - Speisesaal für Straßenkinder in Kalkutta , Karakorum-Hilfe, Polio Plus zur Ausrottung der Kinderlähmung und die Soforthilfe bei der Bewältigung von Einzelschicksalen im Falle von Behinderung, Krankheit und Tod.
„Freundschaft im Dienste des Gemeinwohls"
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe UnterstützerInnen und Sponsoren, liebe Freundinnen und Freunde, das Jahrbuch des Rotary Clubs Golling-Tennengau, das Sie in Händen halten, ist ein wichtiger Bestandteil unserer rotarischen Arbeit. Einer Arbeit, der wir uns seit mehr als zwanzig Jahren widmen. Erlauben Sie uns, Sie auf eine Zeitreise mitzunehmen, einen philosophischen Blick auf Freundschaft und Gerechtigkeit zu werfen und eine Brücke in die Zukunft zu schlagen.
Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich im Jahr 2002. Nur einen Wimpernschlag nach der Jahrhundertwende wird in zwölf europäischen Staaten, darunter Österreich, wird der Euro eingeführt; Jacques Chirac wird im zweiten Wahlgang als Präsident Frankreichs wiedergewählt; Papst Johannes Paul II tritt eine seiner letzten Auslandsreisen an und besucht Mexiko; in Johannesburg findet der Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung statt; Astrid Lindgren, wer kennt sie nicht, die literarische Mutter von Pipi Langstrumpf, stirbt im Alter von vierundneunzig Jahren in Stockholm; die Schweiz wird zum 190. Mitglied der vereinten Nationen; die Nobelpreise für Literatur und Frieden gehen an den ungarischen Schriftsteller Imre Kertész und den US-amerikanischen Präsidenten Jimmy Carter; Lance Armstrong gewinnt die Tour de France und Michael Schuhmacher wird im Ferrari zum fünften Mal Weltmeister. Und in Golling, dreißig Kilometer südlich des Weltkulturerbes Salzburg, wird unter der Federführung von Hermann Döllerer ein neuer Rotary-Club gegründet: der Rotary Club Golling-Tennengau. Das ist nun mehr als zwanzig Jahre her. Der Beginn einer langen Freundschaft im Dienste des Gemeinwohls.
Freundschaft, das ist ein Band zwischen uns Menschen, das einem Kaleidoskop gleich in tausend Farben schimmert. Bei Platon etwa zeigt sich die Freundschaft als gemeinsames Streben nach dem gelungenen Leben; bei Michel Foucault als eine eigenständige Lebensform; bei Francis Bacon als Verdoppelung der Freude und Halbierung der Sorgen und Demokrit sagt: Wer nicht einen einzigen braven Menschen zum Freund hat, der verdient es nicht zu leben. Doch wollte man es genauer wissen, so müsste man beim großen Aristoteles Zuflucht nehmen. Für Aristoteles ist die Freundschaft eine Figur mit drei Seiten: Auf der einen Seite die Freundschaft der Heiterkeit, als die Liebe zur Freundin oder zum Freund des eigenen Frohsinns wegen; auf der anderen Seite die Freundschaft der Nützlichkeit, als die Liebe zur Freundin oder zum Freund des eigenen Nutzens wegen; und auf der dritten Seite die Freundschaft des gegenseitigen Wohlergehens, als die Liebe zur Freundin oder zum Freund ihrer selbst wegen. In ihr, so Aristoteles, liegt die höchste Form der Freundschaft, denn sie zielt nicht auf die Befriedigung von Eigeninteressen ab, nicht auf die Vermehrung von Frohsinn und Nutzen für sich selbst, sondern darauf, einander gleichmäßig zum Guten zu verhelfen. Und nur diejenigen, schreibt Aristoteles, „die den Freunden das Gute wünschen um der Freunde willen, sind im eigentlichen Sinne Freunde, denn sie verhalten sich an sich so, und nicht zufällig.“ Ein Blick in die Geschichte unseres Rotary-Clubs lässt alle Facetten der Freundschaft erkennen, lässt uns wunderbare Höhen, aber auch Tiefen erinnern, lässt uns törichte Zwietracht, aber auch Versöhnung sehen, lässt uns herrliche Freude, aber auch Trauer verspüren, wenn wir an jene Freunde denken, die heute nicht mehr sind. Manchmal fragt man nach dem Sinn. Doch es gibt einen Gravitationspunkt, der alles zusammenhält: der Dienst am Gemeinwohl. Gemeinwohl, das ist die Idee vom Wohlergehen aller Menschen, die Teile dieser unserer Gesellschaft sind – eine Frage der sozialen Gerechtigkeit.
Soziale Gerechtigkeit, das bedeutet für den Philosophen und Gerechtigkeitstheoretiker John Rawls eine faire Verteilung der Grundgüter – das sind Einkommen, Vermögen, Freiheit und Chancen; Güter, die jeder vernünftige Mensch nicht nur haben will, sondern auch unhintergehbar benötigt, um realisieren zu können, wovon wir alle Träumen: von einem guten, gelingenden Leben, in dem wir uns selbst, unseren eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten nach, zu verwirklichen vermögen. Nur leider, und auch das ist ein Ergebnis der Rawls’schen Überlegungen, sind diese Güter gerade nicht fair verteilt, und zwar deshalb nicht, weil diejenigen, die die Verteilungsmechanismen festlegen, zu einer politischen Elite gehören, die – und das ist noch nicht einmal vorwurfsvoll gemeint – ihren eigenen Interessen folgt. Schlicht und ergreifend deshalb, weil alle ihre Entscheidungen und Handlungen von ihrem Platz in der Gesellschaft, ihrer Klasse, ihrem Status und ihren natürlichen Gaben bestimmt sind. Weil sie, um es mit anderen Worten zu sagen, befangen sind durch sich selbst. Wer daher in der Lotterie der Geburt daneben greift, wer also von vornherein mit körperlichen, geistigen oder sozialen Einschränkungen leben muss, dessen Chancen auf ein gutes Leben sinken schnell. Das moralische Grundproblem einer jeden Gesellschaft ist die ungleiche Verteilung der Lebenschancen und solange es nicht gelöst ist, haben Organisationen wie die unsere, ein Betätigungsfeld. Und obwohl es also besser wäre, wenn es solche Organisationen gar nicht brauchte, ist es dennoch gut, dass es sie gibt. So nimmt mit der Gründungsversammlung am 29. Jänner und der Charterfeier am 1. April 2002 der Rotary Club Golling-Tennengau mit damals 20 Rotariern seine Arbeit auf, um Menschen zu unterstützen, die es im Leben und in der Gesellschaft schwer haben, die von Schicksalsschlägen gebeutelt oder von Katastrophen bedroht sind, die vor Krieg und Elend fliehen müssen, die noch nicht einmal ein Dach über dem Kopf haben.
Gemäß dem rotarischen Prinzip „Service above self – selbstloses Dienen“ wurde fast eine Million Euro für regionale und internationale Sozial- und Kulturprojekte aufgebracht, etwa für die Kriegsopfer des Bosnienkrieges durch „Bauern helfen Bauern“, die Unterstützung der „Ärzte für die dritte Welt“, für die Hochwasserhilfe der Flutkatastrophe 2002 im Tennengau, für den Erholungsaufenthalt der Kinder von Tschernobyl in Salzburg, für die Patenschaften des Kinderhorts San Helios von Schwester Daniela in Hallein, für unser bis heute bestehendes Mobilitätsreiten für spastische gelähmte und psychisch beeinträchtigte Menschen, für die „Rotamusi“, mit der wir in den Seniorenwohnheimen Kuchl, Golling und Abtenau zu Gast sind und die Jüngsten unserer Gesellschaft den Ältesten eine musikalische Auszeit vom Alltag bescheren, für die Expedition „Nepal“ und die Hilfe im Erdbebenkatastrophengebiet, für die Unterstützung von Emelie, deren herzzerreißendes Schicksal uns alle zutiefst berührte und last but not least für unser großes Projekt „Baan Doi“, dem Waisenhaus in Thailand, das Kindern, deren Eltern an AIDS verstarben, ein zu Hause und eine Zukunft gibt.
Es gäbe noch viel aufzuzählen, was wir in den letzten mehr als zwanzig Jahren realisiert durften, doch der Blick in die Vergangenheit – so wohltuend er auch sein mag, so sehr er uns auch zeigt, was geleistet wurde –, kann nur ein Vorübergehender sein. Wir müssen weitergehen, dürfen nicht verweilen. Denn wie sagt der Literaturnobelpreisträger und Pazifist Betrand Russell so schön: Selbst dann „wenn es allen Menschen gut ginge, wenn Armut und Krankheit auf das niedrigste überhaupt mögliche Maß reduziert wären, bliebe noch viel zu tun übrig, um eine Gesellschaft zu schaffen, die Wert hätte“.
Mit Ihrer Hilfe, sehr geehrte Damen und Herren, mit Ihrem großzügigen Sponsoring und Ihren für unsere Arbeit so wichtigen Spenden, wollen wir die Geschichte Rotarys weiterschreiben, Schwierigkeiten überwinden, Zeit und Freundschaft investieren, anpacken, wenn es Not und Unbill verlangen, wenn sich Leibnizens beste aller möglichen Welten doch als die schlechteste zeigt – bis zu jenem Ende hin, zu jenem Punkt im Lauf der Zeit, mag er auch noch fern sein, an dem es unserer rotarischen Arbeit schlicht und ergreifend und wünschenswerter weise nicht mehr bedarf.
Mag.phil. Dr.phil. Bernd Waß, MSc